Was ist los in der SCB-Sportabteilung? Diese Frage ist nicht einfach der Polemik geschuldet. Erst wollten die Berner ihr Torhüterproblem mit Sandro Aeschlimann lösen. Doch der Emmentaler hat die Sicherheit in Davos mit Vertrag bis 2031 der Herausforderung SCB vorgezogen. Und nun hat SCB-Wunschkandidat Ludovic Waeber – seine Verpflichtung hatte beim SCB alleroberste Priorität – bis 2030 bei Gottéron unterschrieben. Frage an Marc Lüthi: Gibt es eine Krisensitzung mit dem Ober- und Untersportchef? «Nein.» Will der oberste SCB-Chef denn nicht wissen, warum auch diese Transferoffensive missglückt ist? «Ja natürlich will ich das wissen. Aber dafür braucht es keine Sitzung …»
Dem SCB ist im heissen Transfersommer 2025 erst ein einziger Transfer gelungen: Dario Rohrbach zügelt nach der nächsten Saison im Sommer 2026 nach Bern. Aber da gibt es eine polemische Anmerkung: Der Transfer ist auch deshalb gelungen, weil die Konkurrenz – namentlich ZSC-Sportchef Sven Leuenberger – nicht bereit war, Dario Rohrbach nach der einzigen überzeugenden Saison ohne Bestätigung, die er nun in der kommenden Spielzeit bis zu seinem Wechsel nach Bern liefern muss, mit einem Vierjahresvertrag bis 2030 zu vergolden.
Und nun also die nächste Transferpleite für die so zentrale Goalie-Position. Gottéron-Präsident Hubert Waeber (mit seinem Goalie nicht verwandt) ist sehr zufrieden und sieht die Rückkehr von Ludovic Waeber als logischen Transfer. «Er ist bei uns ausgebildet worden und er ist einer von uns. Also macht es Sinn, dass er nun heimkommt. Wir waren natürlich nicht glücklich, als er uns vor fünf Jahren verlassen hat. Aber wenn junge Leute gehen wollen, soll man sie ziehen lassen. Dann kehren sie später zurück. Wir haben immer einen guten Kontakt zu Ludovic Waeber gepflegt und unser Goalie-Trainer David Aebischer sowieso.» Ludovic Waeber wechselte 2020 zu den ZSC Lions, kam dort aber nicht an Lukas Flüeler und Simon Hrubec vorbei, versuchte eine Saison lang seinen NHL-Traum zu erfüllen und wechselte nach seiner Rückkehr vor einem Jahr zu Kloten.
Nun bleiben dem SCB eigentlich noch drei Varianten um das Goalie-Chaos – mit Adam Reideborn, Sandro Zurkirchen, Andri Henauer und Christof von Burg vier Goalies, aber nur politisch (Adam Reideborn) und nicht sportlich eine klare Nummer 1 – zu ordnen.
SCB-Untersportchef Diego Piceci ist durch die Absage von Ludovic Waeber schon ein wenig überrascht worden. «Er hat uns am Donnerstagvormittag abgesagt und am Nachmittag kam schon die offizielle Bestätigung seines Vertrages mit Gottéron. Da waren die Gespräche offensichtlich schon lange im Gang und weit fortgeschritten …» Aber er zeigt demonstrative Gelassenheit. «Ja, natürlich wäre Ludovic Waeber eine gute Lösung für uns gewesen. Aber ich bleibe tiefenentspannt. Es gibt noch andere Varianten und wir werden sicherlich nicht in Panik verfallen und einen übereilten Entscheid fällen.»
Wo er recht hat, da hat er recht: Das Team für die kommende Saison steht und um die Mannschaft für die übernächste Saison zusammenzustellen, bleibt tatsächlich noch etwas Zeit. Die Optionen Ausländer, Akira Schmid und Reto Berra bestätigt er. «Aber es gibt auf dem Markt noch weitere Möglichkeiten …»
Ach, waren das noch Zeiten, als der SCB mit René Kiener, Jürg Jäggi, Renato Tosio, Marco Bührer und Leonardo Genoni das Wort «Torhüterproblem» zwischen 1957 und 2019 mehr als ein halbes Jahrhundert lang gar nicht kannte. Nun gibt es seit einem Jahr rund um den SCB mehr Goalie-Polemik als zuvor während über 60 Jahren. Aber wie pflegt doch SCB-Manager Marc Lüthi so schön zu sagen: «Wir haben eine sehr erfolgreiche Unterhaltungs-Liga.» Die sportliche Unterhaltung lässt in Bern zwar seit 2019 zu wünschen übrig. Aber die Unterhaltung neben dem Eis ist beim SCB eine vorzügliche.